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Herausforderung Schichtarbeit – notwendig, aber belastend. Was tun für bessere Gesundheit und mehr Lebensqualität?

Teil 3: Was tun? – Arbeitgeberin

In den vorangegangenen Blog-Beiträgen (Teil 1 & Teil 2) haben wir zunächst die vielfältigen Auswirkungen von Schichtarbeit und dann Optimierungsmöglichkeiten für einen besseren Schichtdienstplan sowie Ideen zur Verbesserung der Verträglichkeit von Schichtarbeit erläutert. In diesem Beitrag möchten wir auf Handlungsempfehlungen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eingehen, mit denen diese Schichtdienstpläne und Schichtdienstarbeit attraktiver gestalten und somit die Gesundheit und Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden erhalten bzw. verbessern können.

Arbeitgeberinnen mit Schichtbetrieb stehen vor der Herausforderung immer genügend Mitarbeitende für die optimale Besetzung aller Schichten und auch für kurzfristige Einsätze (z.B. bei Ausfall durch Krankheit) vorzuhalten, indem sie attraktive und faire Anstellungsbedingungen (z.B. Gehalt, mehr als die gesetzlich festgelegte Anzahl an Urlaubstagen anbieten, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, etc.) bieten, in die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investieren, die Gesundheit ihres Teams erhalten bzw. fördern, auf die Wünsche ihrer Mitarbeitenden eingehen und vieles mehr. Sie möchten häufige Kündigungen vermeiden, denn die ständige Neurekrutierung von qualifiziertem Personal und die Integration der neuen Mitarbeitenden in die Organisation sind zeitaufwendig und teuer.

Viele wichtige Massnahmen finden sich bereits im Arbeitsgesetz wieder: Ruhezeitregelungen, maximale Schichtlänge, maximale Wochenarbeitszeit sowie Überzeitregelungen. Ausserdem gilt es sogenannte Quick-returns zu vermeiden. D.h., zwischen Dienstblöcken sollten genug Ruhetage eingeplant und eingehalten werden. Die Regelungen können sich je nach Branchen unterscheiden und es wurden auch Ausnahmen von diesen Regelungen beschrieben. Doch das sollten sie auch bleiben; Ausnahmen, die nur bei einem triftigen Grund angewendet werden sollten.

Arbeitsplatzgestaltung und Schlafhygiene

Gerade für die Nachtschicht, aber auch generell gilt es die Arbeitsplätze hinsichtlich der Lichtverhältnisse zu überprüfen und ggf. anzupassen oder mit entsprechendem Equipment auszustatten (z.B. Tageslichtlampe).

In der Nacht wird empfohlen, Schlafpausen zuzulassen. Bezüglich der perfekten Dauer variieren die Zeiten jedoch stark (20-90 min). Wenn es den Mitarbeitenden ermöglicht werden soll, dass diese während der Arbeitszeit kurze Nickerchen machen dürfen, müssen entsprechende ruhige, dunkle und kühle Ruheräume vorhanden sein.

Mit der Bereitstellung von/dem Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, der Förderung von Sportangeboten (in eigenen Räumlichkeiten oder finanzielle Unterstützung) sowie Schulungen zur Schlafhygiene und Reduktion der Stigmatisierung bei gesundheitlichen Problemen können die Arbeitgeberinnen einen aktiven Beitrag zur Gesunderhaltung und auch Aufrechterhaltung der Leitungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden leisten.

Gestaltung der Schichtabfolge

Die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfiehlt eine schnelle Vorwärtsrotation (2 Früh, 2 Spät, 2 Nacht) mit einer langen Pause (4 Tage frei). Eine 40 oder 42-Stunden-Woche ist damit für Schichtarbeitende gar nicht möglich. Eine schnelle Vorwärtsrotation mit langer Pause vor dem nächsten Schichtzyklus kann also nur durch eine Reduktion der Gesamtarbeitszeit (ca. 33h) und eine Erhöhung des Personalbedarfs realisiert werden. Ausserdem wäre eine Lohnerhöhung notwendig, damit Arbeitnehmende ihren Lebensunterhalt finanzieren können und nicht gezwungen sind, ggf. einen zusätzlichen Job anzunehmen, der wiederum den gewünschten Erholungseffekt zerstören würde. Die Umsetzbarkeit der vorgestellten Vorwärtsrotation hängt also stark von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal ab.

Die Autoren einer anderen Studie kommen zu dem Schluss: Wenn der Personalpool zu klein ist, um das oben beschriebene Rotationsmuster zu ermöglichen, sollten die Mitarbeitenden stattdessen über einen längeren Zeitraum in den gleichen Schichten arbeiten, gefolgt von mehreren Erholungstagen.

Nachtarbeit wird mehr vergütet, so dass es für einige Personen attraktiv ist, häufig oder sogar immer nachts zu arbeiten, um mehr Geld zu verdienen. Diese Personen entlasten somit das gesamte Team. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass es sich bei diesen Mitarbeitenden um Eulen bzw. Nachtmenschen handelt, die bereit sind diesen Rhythmus auch in ihrer Freizeit beizubehalten.

Chronotypen/Schlaftypen

Dass die innere Uhren der Menschen nicht alle gleich ticken, ist bekannt. Manche Leute sind Frühaufsteher/Lerchen und besonders am Morgen produktiv, während Nachteulen die Nacht zum Tag machen. Die meisten Menschen sind jedoch weniger extreme sogenannte Chronotypen (Verteilung in der Gesamtbevölkerung: Lerchen 20%, Normal 50%, Eulen 30%). Lerchen eignen sich am Besten für Früh- und Tagschichten, Eulen hingegen für Tag- und Nachtschichten. Die Berücksichtigung der Chronotypen der Mitarbeitenden bei der Schichtplanung führte bei einer Studie zu gesünderen und ausgeschlafenen Versuchspersonen.

Ein entscheidender Punkt, der in vielen Studien immer wieder erwähnt wird, ist die aktive Beteiligung/Einbeziehung der Mitarbeitenden bei der (Neu-)gestaltung der Schichtabfolge und Schichtplanung, da dies signifikant zu mehr Zufriedenheit und Motivation, weniger Stress und subjektiv bessere Gesundheit führt.

Mögliche Abstimmungsthemen durch das gesamte Team:

  • Welche Schichtabfolge und Schichtlänge soll zum Tragen kommen?
  • Sollen älteren Mitarbeitenden weniger/keine Nachtschichten zugeteilt werden, da sie Schichtarbeit schlechter verarbeiten?
  • Faire Verteilung von Nachtschichten oder die Präferenzen von Nachtschichtarbeitenden berücksichtigen, um das gesamte Team zu entlasten?
  • Berücksichtigung der Schlaftypen/Chronotypen bei Planerstellung, um Social Jet Lag zu verhindern?
  • Was wird als faire Schichtplanung empfunden?

Generell ist es wichtig, auf die Freiwünsche (einzelne Tage) und Präferenzen der Mitarbeitenden einzugehen sowie eine faire und transparente Dienstzuteilung zu praktizieren. Die Planbarkeit und Kontinuität in den Schichtplänen sowie die Reduktion von Pikett und Bereitschaftsdienst stärken die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden und somit deren Zufriedenheit.

Hier geht es zum Teil 1, 2 und 4.

Diese Blog-Serie basiert auf einer Literaturrecherche, bei der etwa 80 wissenschaftliche Fachartikel ausgewertet wurden. Auf Anfrage stellen wir ihnen die Literaturliste gern zur Verfügung.

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